Nötigung im Straßenverkehr

Nötigung im Straßenverkehr

Die Nötigung im Straßenverkehr stellt leider keine seltene Ausnahme dar, sondern kann täglich auf Deutschlands Straßen und Autobahnen beobachtet werden.

Dabei handelt es sich keinesfalls um ein „Kavaliersdelikt“. Es drohen empfindliche Strafen, Fahrverbote und bis zu drei Punkte im Fahreignungsregister (FAER). In besonders schweren Fällen kann auch die Entziehung der Fahrerlaubnis ausgesprochen werden.

Ein genauerer Blick auf den Straftatbestand der Nötigung im Straßenverkehr lohnt daher allemal.

Das Wichtigste

  • Der Straftatbestand der Nötigung sichert die freie Willensbildung und -betätigung.
  • Er ist verwirklicht, wenn ein anderer zu einem seinem eigenen Willen nicht entsprechenden Handeln, Dulden oder Unterlassen gezwungen wird.
  • Der Täter muss hierzu Gewalt oder eine Drohung mit einem empfindlichen Übel anwenden.
  • Gewalt setzt ein irgendwie geartetes physisches Verhalten des Täters voraus.
  • Dieses muss für das Opfer auch physisch spürbar sein.
  • Bloße Anwesenheit und hierdurch vermittelte psychische Auswirkungen reichen also nicht aus.
  • Nicht jedes rücksichtslose und grob verkehrswidrige Verhalten stellt automatisch eine Nötigung im Straßenverkehr dar.
  • Aus der Tat muss vielmehr hervorgehen, dass es der Täter gerade auf die Einflußnahme auf die Willensfreiheit des Opfers ankommt.
  • Gelingt es dem Täter nicht, das gewünschte Verhalten zu erzwingen, kommt eine Strafbarkeit wegen Versuchs in Betracht. Dann kann die Strafe gemildert werden.
  • Die Nötigung im Straßenverkehr wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
  • Hinzu kommt in der Regel ein Fahrverbot zwischen einem und drei Monaten.
  • Es können ferner, je nach Schwere der Tat, bis zu drei Punkte in das Fahreignungsregister eingetragen werden.

Was heißt Nötigung?

Jeder Straftatbestand schützt ein bestimmtes Rechtsgut. Verstöße gegen Strafvorschriften müssen stets im Hinblick auf auf das konkret geschützte Rechtsgut betrachtet werden.

Der Straftatbestand der Nötigung schützt die freie Willensbildung und Willensbetätigung. Das heißt, es soll ein Anderer zu einem, seinem eigenen Willen nicht entsprechenden, Handeln, Dulden oder Unterlassen gezwungen werden.

Der ausgeübte Zwang muss hierbei durch Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel ausgeübt werden.

Gewalt ist der physisch vermittelte Zwang zur Überwindung eines geleisteten oder erwarteten Widerstandes.

Der Täter einer Nötigung muss also eine eigene physische Kraftanstrengung aufwenden und das Opfer der Nötigung muss diese körperlich empfinden. Rein psychische Auswirkungen auf das Opfer der Nötigung reichen also nicht aus.

Gut zu wissen:

Ausreichend ist es aber, wenn sich das Opfer einer Nötigung aufgrund einer physisch spürbaren Furcht oder eines Schreckens dazu gezwungen sieht, sein Verhalten dem Willen des Täters anzupassen.

Nötigung im Straßenverkehr

Der Straftatbestand der Nötigung hat eine nicht unerhebliche Bedeutung im Straßenverkehr erlangt. Hierbei ist aber im Besonderen darauf zu achten, dass die Nötigung die Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung schützen will und nicht die Einhaltung von Verkehrsregeln. Dem Täter muss es also eben auf die erzwungene Beeinflussung des Willens eines anderen ankommen. Sein Vorsatz muss darauf gerichtet sein, das Verhalten eines anderen gewaltsam zu steuern.

Daher ist ein noch so grober Verstoß gegen Verkehrsregeln nicht schon gleichzeitig eine Nötigung im Straßenverkehr.

Praxisbeispiel:

Wer sehr dicht auf einen anderen auffährt, muss den Vorausfahrenden nicht zwingend zu einem Spurwechsel zwingen wollen. Es kann sich auch „nur“ um einen groben Verstoß gegen die Abstandsregelungen der Straßenverkehrsordnung handeln.

In diesem Fall hätte sich der „Drängler“ also nicht wegen Nötigung strafbar gemacht, hätte aber selbstverständlich ein empfindliches Bußgeld und möglicherweise auch ein Fahrverbot zu erwarten.

Ob ein verkehrswidriges Verhalten eine Nötigung darstellt, muss daher stets nach dem Ziel des Täters beurteilt werden. Richtet sich dies darauf, das Verhalten eines anderen zu beeinflussen, liegt eine Nötigung vor.

Nachstehend sollen einige typische Verkehrssituationen beschrieben werden, in denen eine Nötigung im Straßenverkehr in Betracht kommt.

Auffahren

Wie oben bereits erwähnt, stellt nicht jedes zu dichte Auffahren eine strafbare Nötigung dar.

Aus den Tatumständen muss sich vielmehr ergeben, dass es dem Täter darauf ankam, den Vorausfahrenden zu einem Spurwechsel oder ähnlichem zu zwingen.

Hierbei wird in der Rechtsprechung zum Beispiel auf die Dauer des Auffahrens und den Abstand zwischen den Fahrzeugen sowie die gefahrenen Geschwindigkeiten abgestellt. Ein nur kurzes, auch sehr dichtes Auffahren reicht für eine Nötigung in der Regel nicht aus. Vielmehr muss der Täter über eine verhältnismäßig lange Strecke dem Vorausfahrenden sehr dicht aufgefahren sein. Auch die Benutzung von Lichthupe und besonders der akustischen Hupe stellen Indizien für eine Nötigung dar, wenn sie zusätzlich zu einem oben beschriebenen Verhalten betätigt werden.

Gut zu wissen:

Allein das Betätigen von Hupe oder Lichthupe stellt keine Nötigung dar. Dieses Verhalten kann durchaus als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße geahndet werden. Strafbar ist es indes allein nicht.

Insgesamt muss die Fahrweise des Täters bei dem Vorausfahrenden zu körperlich spürbaren Angstreaktionen geführt haben, die diesen sodann zu der vom Täter gewünschten Reaktion brachte, also zum Beispiel dem Spurwechsel.

Wenn mit der Nötigung noch eine Geschwindigkeitsüberschreitung einhergeht, müssen Sie auch hierfür mit einem Bußgeld rechnen.

Ausbremsen

Ähnliches gilt beim Ausbremsen eines hinter dem Täter fahrenden Verkehrsteilnehmers.

Nötigung im Straßenverkehr ist also zu bejahen, wenn der Hintermann durch unangemessen langes und heftiges Abbremsen zum Anhalten oder zu einer verkehrsbedingt nicht erforderlichen starken Geschwindigkeitsverringerung mangels verkehrsgerechter Ausweichmöglichkeit gezwungen wird.

Ein nur kurzes „Antippen“ der Bremse erfüllt den Tatbestand der Nötigung also nicht.

Zufahren auf Fußgänger

Wer auf einen Fußgänger zufährt, um diesen dazu zu zwingen, beiseite zu gehen, begeht ein Nötigung.

Dieses Tatbegehung wird häufig eingesetzt, um in eine von einem Fußgänger „reservierte“ Parklücke einzufahren.

Auch hier muss indes in dem Fußgänger eine physisch spürbare Angstreaktion hervorgerufen werden.

Spurwechsel

Wer anlasslos die Spur wechselt, um einen Überholvorgang zu verhindern, begeht eine Nötigung. Das gilt insbesondere, wenn der Spurwechsel mehrfach ausgeführt wird, um den Hintermann am Überholen zu hindern, wenn also immer wieder vor dem Hintermann hin und her „getänzelt“ wird.

Wer indes rein passiv auf seiner Spur bleibt und so einen Überholvorgang verhindert, macht sich einer Nötigung nicht strafbar.

Auf die Motorhaube legen

Eine Nötigung begeht, wer sich auf die Motorhaube eines anderen legt, um diesen an einer Weiterfahrt zu hindern.

Versperren des Weges durch Fußgänger

Wer als Fußgänger einen Kraftfahrer dadurch an der Weiterfahrt hindert, dass er sich diesem in Weg stellt oder eine Parklücke blockiert, macht sich einer Nötigung nicht strafbar.

Die bloße physische Anwesenheit des Fußgängers reicht für eine Strafbarkeit nicht aus.

Versuchte Nötigung

Die Nötigung ist ein sogenanntes Erfolgsdelikt. Das heißt, die vom Täter bezweckte Willensbeeinflussung des Opfers muss tatsächlich eingetreten sein. Der andere Verkehrsteilnehmer muss also die Spur gewechselt, seine Fahrt nicht fortgesetzt oder erheblich abgebremst haben oder ähnliches.

Allerdings ist auch der Versuch einer Nötigung strafbar. Lässt sich also der andere Verkehrsteilnehmer nicht zu dem gewünschten Verhalten zwingen, entfällt eine Strafbarkeit nicht.

In diesem Fall kann das Gericht eine niedrigere Strafe verhängen. Hierbei ist aber auf das Verhalten des Täters und die sonstigen Tatumstände abzustellen. Möglich ist also auch, dass das Gericht etwa wegen einer besonders gefährlichen Fahrweise des Täters der Nötigung eine Strafmilderung nicht vornimmt.

Welche Strafe steht auf Nötigung im Straßenverkehr?

Die Nötigung wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft.

Bei Erstbegehung ist mit einer Geldstrafe zwischen 20 und 30 Tagessätzen zu rechnen.

Einzelheiten zu Geld- und Freiheitsstrafen finden Sie hier.

Zusätzlich zu der Geld- oder Freiheitsstrafe wird in aller Regel ein Fahrverbot zwischen einem und drei Monaten verhängt. Wird neben der eigentlichen Verurteilung ein Fahrverbot angeordnet, werden zusätzlich zwei Punkte ins Fahreignungsregister (FAER) eingetragen.

In besonders schwerwiegenden Fällen kann auch die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden. In letzterem Falle werden drei Punkte ins Fahreignungsregister (FAER) eingetragen.

Expertentipp:

Nicht zuletzt an der Straferwartung ist abzulesen, dass es sich bei der Nötigung im Straßenverkehr keinesfalls um ein „Kavaliersdelikt“ handelt.

Auf der anderen Seite stellt nicht jedes, auch krasse Fehlverhalten im Straßenverkehr gleich eine strafbare Nötigung dar.

Zu dieser Frage besteht eine umfangreiche Rechtsprechung, die nur eine fachkundige Stelle voll überblicken kann.

Es ist daher nicht anzuraten, bei dem Vorwurf einer Nötigung im Straßenverkehr die Angelegenheit in die eigenen Hände zu nehmen.

Ratgeber-Informationen

Optionen   Diese Seite drucken

vgwort-pixel

Teilen

Was benötigen Sie?

RÜCKRUF-SERVICE
Kostenloses Gespräch!

  Jetzt anfordern

KONTAKT
Eine Nachricht schreiben

  Jetzt schreiben

FRAGE STELLEN
Antwort erhalten.

  Jetzt fragen